(Dies ist eine Rohform meines neuen Büchleins, das bald in Papierform erscheinen wird. Einige Fragmente davon werde ich hier publizieren. C.S.)

Vorbemerkung

Dieses Büchlein ist nicht für die Angeber, die sich in ihrem Bekanntenkreis unbedingt mit superexotischen Gerichten einschleimen wollen. Wenn Du hier erwartest, Sternekoch werden zu können, verschenke dieses Büchlein gleich jetzt, und mach eine Kochausbildung bei der nächsten IHK. Die können das. Der Rest kann gerne weiterlesen.

Einleitung

Wer fleißig Kochsendungen schaut und genau zusieht, der merkt irgendwann, dass die Finesse beim Kochen oftmals einfach nur Show ist. Die Rezepte sind häufig äußerst primitiv und sehr, sehr simpel. Da werden Bratkartoffeln vorgeführt, ein Schnitzel gebraten und „Salate“ gemixt (Salat ist einfach ein „Durcheinander“, so die wörtliche Übersetzung; „den“ Salat gibt es nicht!). So manche Fernsehköche und –köchinnen verdienen ihre Bezeichnung noch nicht einmal. Was da fabriziert wird, ist oft schlechter als Großmutters (oder Großvaters) Künste am Herd. Manchmal rollen sich einem die Fußnägel auf, wenn man diesen dauerplappernden Dilettanten vor der Kamera zusieht. Und die Leute, die gespannt vor ihren Bildschirmen sitzen, werden buchstäblich vorgeführt. Was für eine Zeit- und Ressourcenverschwendung!

Ein Zugeständnis muss ich aber machen! Da wir immer noch in einer sehr altmodischen Welt leben, gibt es viele bürgerliche Haushalte, in denen die Kinder tagsüber im Kindergarten oder in der Schule sind, der Vater mehr oder weniger fleißig einem Job nachgeht, um der Familie ein paar Semmeln nach Hause zu bringen und in denen die Mutter ein wenig putzt, Wäsche wäscht, Geschirr spült, einkauft und … kochen muss. Das alles hat bis zum Mittag fertig zu sein. Während der Vater sich vielleicht in der Firmenkantine den Bauch mit Currywurst und Pommes Frites vollschlägt, muss die Mutter jeden Tag etwas anderes auf den Tisch bringen. Sonst quengeln die Blagen. Und genau dafür sind diese Vormittagssendungen im Fernsehen da. Sie können nebenher laufen und erzählen, wie man aus Spinat, Kartoffeln und Spiegelei eine neue Variante macht, die garantiert keiner erkennt, also zum Beispiel „Pochiertes Ei an Spinatbeet mit Prinzesskartoffeln“. Schon wissen die Blagen nicht mehr, dass sie Großmutters Dienstagsgericht vorgesetzt bekommen.

Gut, muss man ja nicht angucken! Ist eh nervig, dauergrinsende Leute in verlotterten Schlafanzügen durch ein mit Stroh und Blümchen vollgepacktes Studio rennen zu sehen.

Aber etwas können wir lernen: Wenn wir für uns selbst täglich kochen sollen, haben wir dasselbe Problem: Was essen wir morgen?

Dazu bedienen wir uns der Modulmethode, wie sie jedes Restaurant kennt. Wenn ich drei Beilagen, vier Gemüsesorten, fünf Fleischsorten und sechs Saucen habe, kann ich daraus 3x4x5x6=360 Gerichte machen. Das reicht für einfache Gemüter, um Vielfalt vorzugaukeln. Und ist der Grund, warum ein Gast gerne mal „Ich hätte gerne Reis statt Kartoffeln“ oder „Geht das Schnitzel auch mit Pute?“ sagen darf. Ist ja kein Problem, jedes Modul hat festgelegte Preise. So arbeiten auch Autokonzerne. Nein, die haben nicht so viele Modelle im Angebot. Die haben ein halbes Dutzend Grundmodelle, die dann mit verschiedenen Karosserieversionen verbaut werden. Alles andere wäre zu teuer. Modulbauweise, das gilt auch für die tägliche Küche zu Hause. Und ich habe kein Problem, wenn ich jede Woche oder auch alle zehn Tage dasselbe Gericht esse – wenn es mir gut schmeckt. Wir alle haben ein bis drei Lieblingsgerichte, die wir oft essen wollen.

Die Vormittagskochsendungen sind also vor allem für diejenigen geplagten und in Fertigessen servierenden Haushalten aufgewachsenen „Hausfrauen“ und für die ahnungslosen Singles gemacht, die täglich was Neues auf den Tisch bringen müssen. Die sind mit Substandard zufrieden.

    1. Die Show

Gedeck im Restaurant Du glaubst das nicht? Schau einfach genau hin und prüfe bei abgestelltem Ton, was da wirklich gemacht wird! Die meisten Fernsehbrutzler erzählen immer viel Kokolores, und immer landen Salz und Pfeffer in der Pfanne (meist zum falschen Zeitpunkt) oder es wird Knoblauch angebraten (der schmeckt dann bitter). Und viel mehr gibt es nicht. Selbst bei Kräutern plappert der Eine den Anderen nach, und es gibt eh nur drei oder vier Kräuter oder Gewürze, die solche Grünschnäbel kennen. Aber: Sie verdienen ordentlich Geld damit, weil die Zuschauer alle vor lauter „Ah!“s und „Oh!“s nicht mitkriegen, wie sie hinters Licht geführt werden.

Nur sehr wenige Fernsehköche und -köchinnen haben es wirklich drauf und lohnen einen zweiten Blick. Je länger die aber dabei sind, desto größenwahnsinniger werden die meistens. Es sind schon einige ihrer Gier letztendlich erlegen und in der Versenkung verschwunden. Ihre Namen haben wir schnell vergessen. Versuche also, diese wenigen Ausnahmeküchenzauberer in ihrer glorreichen Anfangsphase zu entdecken. Finde einfach selbst heraus, welche das sind. Es wird aber eine Weile dauern, bis Du durch den Dschungel von leerem Geplapper, hektischem Gehabe und sinnlosen Rezepten von Bratkartoffel und Rührei durchblickst.

Und vergiss niemals: Die meisten Menschen haben keinen Kritikergaumen (viele Kritiker übrigens auch nicht). Wir kochen für uns oder für Freunde und Verwandte, nicht für ausgebildete Meisterköche und Restaurantkritikerinnen. Egal, was irgendjemand behauptet! Wenn es Dir schmeckt, war es richtig! Kein Wenn, kein Aber und keine Diskussion! Es gibt zwar immer Besserwisser unter den Gästen, aber letztendlich essen sie das, was Du ihnen vorsetzt – oder nicht; und werden dann natürlich auch nicht wieder eingeladen. Wer sich vor allen Leuten über Dein Essen lustig macht, ist nicht Dein Freund! Du hast ein Dinner Date und das Date lästert? Hah! Wenn ein Mensch bei dem, was Du gekocht hast, eine Miene zieht und das nicht essen mag, ist klar, dass dieser Mensch mit Dir sowieso nichts anfangen kann! Sofort rausschmeißen! Eine Person, die Dein Essen nicht mag, aber Dir als Person viel abgewinnen kann, wird Dir lächelnd sagen: „Hey, das Essen war echt Müll, aber wir gehen jetzt mal zusammen in die Küche und schauen, was wir da zaubern können.“ Denn das Essen ist ja beim Date gar nicht wichtig, sondern das „gemeinsam“ und das „zusammen“. Gell? Viel Spaß in der Küche! Küche ist optimal dafür!

    1. Originalrezepte?

Haggis - Schottisches Nationalgericht Lass Dich nicht beirren, wenn jemand meint, dass „das“ nicht das Originalrezept sei! Eine verblödetere Aussage kann es nicht geben! Was soll „Originalrezept“ sein? Klar, man schmeißt keinen in Plastik verpackten Schmelzkäse auf Spaghetti oder in ein Fondue (man benutzt ihn überhaupt nicht!). Aber ich kann in ein Gericht selbstverständlich alles reintun, was ich will. Und wenn ich auf der Pizza gerne Ananas mag, dann tu ich sie drauf, da mögen noch so viele laut aufjaulen! Wen interessiert das? In Rom bekommst Du auch Pommes Frites oder Spinat und Ei auf die Pizza, das stört dort auch keinen. Warum sollte es dann Dich stören? Wer´s nicht mag, soll´s einfach nicht essen und die Klappe halten. Die Meckerer sollen in Snobhausen bleiben!

Glaubst Du nicht? Gehen wir mal ein paar Beispiele durch, die Du sicherlich mal gehört hast.

Chop Suy

Chinesisch? Vielleicht. Niemand weiß genau, wo es erfunden“ wurde. Aber übersetzt heißt es „gemischtes, klein geschnittenes“. Aha. Je nachdem, wo man die Ursprünge und Aussprache ansiedelt, kann es auch „verschiedene Reste“ bedeuten. Es gibt auch keine belegten Fakten über ein einheitliches Rezept. Es ist wohl in den 1960er-Jahren in die USA gekommen und hat sich von dort irgendwie verbreitet. Gibt es auch nur in zwei Restaurants auf der Welt dasselbe Rezept dafür? Eben!

Originalrezept: Gibt es nicht, Resteessen

Ursprung: Ort unbekannt

Spaghetti Bolognese

Wundert es irgendjemand, dass das Ragù alla bolognese überall, außer in Italien, zu Spaghetti gegessen wird? Es ist einfach eine Sauce mit Hackfleisch, die in Italien eigentlich zu vielem, vor allem zu allerlei Pastasorten und Eiernudeln gegessen wird. Aber eben nicht zu Spaghetti. Oder doch, wen interessiert das. „Hackfleisch“ sind sowieso die Fleischreste, die man nicht mehr in ganzen Stücken vermarkten oder zubereiten kann oder mag. Insofern sind alle Hackfleischgerichte irgendwie Resteessen. In diesem Büchlein werden wir das Thema „Hackfleisch“ nur streifen, Hackfleisch auf Styropor unter Plastikfolie ist eh nicht gesund und normalerweise ist da eh nur das drin, was der Metzger den Kunden sonst nicht mehr vorsetzen kann.

Originalrezept: regional verschieden, Beilage aus Resten

Urspung: Ort unbekannt

Döner Kebab

Ganz ehrlich! Welche Kultur hat nicht irgendwann schon sehr früh entdeckt, dass man Fleischstücke am Spieß über Feuer braten kann? Auch der vertikale Spieß ist keine exklusive Erfindung. Und wer kam nicht auf die Idee, das zu würzen? Oder mit Brot zu essen? Oder andere Gemüse dort hineinzupacken? Das gibt es seit vielen Jahrtausenden überall auf der Welt. Es heißt nur verschieden, und es werden natürlich die regional verfügbaren Fleischsorten und Gewürze benutzt. In Griechenland kennt man es zum Beispiel als Gyros, in Syrien und anderen Ländern des östlichen Mittelmeerraumes als Schawarma. Und ist das wirklich so verschieden im Vergleich zu einem mexikanischen Burrito? Wo es als Imbiss erfunden wurde? Darüber gibt es auch unterschiedliche Meinungen. Aber es ist ja egal, woher es kommt. Gegrilltes Fleisch im Fladen. Schmeckt immer gut!

Originalrezept: regional unterschiedlich

Ursprung: mindestens Planet Erde

Salade niçoise

Über die Rezeptur habe ich schon lautstarken Streit miterleben dürfen. Aber es gab wohl nie ein „verbindliches“ Rezept dafür. Ok, irgendwas Grünes ist drin, Tomaten auch und kleine Fische, also Sardellen oder Anchovis. Da das aus dem Mittelmeerraum stammen soll, auch noch Oliven? Salat und Fisch sind aber immer Saisonware. Also wird das genommen, was die Saison und der Konservenvorrat hergibt.

Originalrezept: keines

Ursprung: vielleicht auch irgendwo in Frankreich

Shepherd´s Pie

Ein schnelles Gericht aus Fleisch und Kartoffelstampf. Original? Ok, diese Variante wird dem irischen und schottischen Raum zugesprochen. Und es handelt sich definitiv um ein Restessen, in dem man Fleischreste aller Art vom Vortag verarbeitet hat. Das wird auch heute noch in Restaurants so gemacht: Fleischreste werden geschnetzelt, als Hack, als Teigbelag oder im Teigmantel zubereitet und serviert. So kann man von der abgeklungenen Fleischqualität der Reste der Vortage ablenken.

Ist es ein typisch regionales Gericht? Naja, irgendwie schon. In Irland, in Schottland, in den USA, in Australien, in Neuseeland, in Frankreich, in der Türkei und in anderen Regionen. Jede Region der Welt hat ihr „Fleisch-Kartoffel“-Rezept. Selbst die Briten haben Tausende von Rezepten dafür, und alle sind garantiert „original“!

Originalrezept: gibt es nicht

Ursprung: Planet Erde

Bouillabaisse

Fischsuppe? Eher Fischrestesuppe. Das „Rezept“ ist schon Tausende von Jahren alt, man kann es (auch) dem westlichen Mittelmeer zuschreiben. Man kann davon ausgehen, dass die Reste der Fische, die auf dem Markt übriggeblieben sind, dann alle in eine Suppe geschmissen worden sind. Da Fisch nicht unbedingt einen kräftigen Eigengeschmack besitzt, musste man das natürlich noch gut würzen. Und das einzig typische an dieser Suppe ist dann der Safran. Eigentlich ein sehr teures Gewürz, aber das war auf der iberischen Halbinsel eben preiswerter, und so sagt man speziell den Katalanen nach, dass sie zu dem „Rezept“ den Safran beigetragen haben.

Originalrezept: Fischrestesuppe mit Safran

Ursprung: auch westliches Mittelmeer, mit katalanischer Hilfe

Paella

Nein, nicht „Spanien“, sondern ein Gericht aus der Region Valencia. So wird es immer sehr deutlich erläutert. Aber ist man sich einig über die Zubereitung? Naja, es gibt zahlreiche Rezepte für eine Paella. Einig sind sich alle, dass man sie mittags isst (in Spanien ist das gegen 15 Uhr), niemals abends. Auch der Reis muss Paellareis sein, am besten arroz bomba, natürlich aus Valencia. Der Rest ist Glaubenssache. Aber mal unter uns: Ist ein kreolisches Jambalya vom Prinzip her etwas anderes? Reis mit Zeugs drin. Da gibt es beliebig viele Varianten, und wenn selbst die Leute aus Valencia sich nicht auf ein Rezept einigen können, warum sollte das dann nicht anders gemacht werden können oder woanders anders heißen?

Originalrezept: mit Paellareis

Ursprung: Naja, bestimmt auch Valenica

Chili con Carne

Zu diesem Gericht und seiner Zubereitung kann es schon mal Prügeleien geben. Was sagt uns der Name? „Chilischoten und Fleisch“. Ok. Wenn wir Ursprünge suchen, müssen wir schauen, wie Fleisch früher behandelt wurde, damit es haltbar blieb: Es wurde scharf gewürzt, getrocknet und später mit dem, was gerade da war, aufgekocht. Also kann da auch alles rein. Es war ein Gericht, das man zum Beispiel auf Reisen und Wanderungen in den unwirtlichen Gegenden des nordamerikanischen Südens und Westens brauchte. Da kennen wir schon Pemmikan oder Jerky. Und wie bei allen traditionellen Gerichten streiten sich Regionen und Menschen seit jeher über die ursprüngliche Herkunft, die richtigen Zutaten und die Schreibweise. Bohnen in Chili? Ja, warum nicht? Bohnen waren billiger als Fleisch, und wer kein Geld für Fleisch hatte, der hat da dann eben die proteinreichen Bohnen reingeworfen, ein guter Fleischersatz. Und warum nicht beides?

Originalrezept: regional viele unterschiedliche

Ursprung: die heutige südwestliche Grenzregion zwischen Mexico, New Mexico, Arizona und Texas … oder wo man sonst noch Bohnen oder Fleisch scharf gewürzt gekocht hat.

Beef Wellington

Was Feineres, gefällig? Aber auch hier scheitern wir wieder mit dem Originalrezept. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert wird in gehobenen (und dekadenten) Kreisen gerne mal ein Stück Filet in Teig gesteckt und zubereitet. Das ist aber natürlich kein Geheimnis, dass Fleisch und Brot zusammen einen trickreichen Geschmack erzeugen (siehe Döner Kebab). Also war das wenigstens in den Gebieten der USA, in Frankreich und auf den Britischen Inseln bis hin nach Polen bekannt. Schon wieder nichts.

Originalrezept: Filet im Teigmantel

Ursprung: vielleicht 19. Jahrhundert, mindestens westliche Hemisphäre. Vielleicht.

Und nun?

Immer noch Lust auf Originalrezepte? Ach, bereite es einfach so zu, wie Du es willst!

Schmeckt´s trotzdem? Ja? Warum sollte man es dann nicht essen? Mach Dir ein Döner Kebab mit Filet, Spaghetti mit Senfsauce oder ein Chili mit Erbsen.

Die bei uns bekannte „französische Küche“ ist nach dem Fall der Monarchie unter Napoleon entstanden, so sagt man, weil die vielen Hofköche nun arbeitslos waren und kein König mehr ihre delikaten Rezepte bewundern wollte. Also machten sie Restaurants auf. Und kochten dort für die Citoyens, die Bürger. Gab es Originalrezepte? Ja. Jeder Koch hatte seine eigenen. Also kannst auch Du alles zusammenkippen, was Dir Spaß macht.

Ein paar Regeln gibt es natürlich trotzdem, weil bestimmte Kombinationen einfach besser schmecken oder gesünder sind. So gehört der Senf einfach zur Bratwurst dazu, weil sie dann bekömmlicher und ein bissl gesünder ist. Dasselbe gilt für moderne Sushi-Zubereitungen: Der Wasabi und der eingelegte Ingwer gehören dazu, um die eventuell noch im Rohfisch enthaltenen Parasiten abzutöten.

Aber letztendlich sind fast alle guten Rezepte sehr, sehr einfach, weil sie aus dem Alltag der Leute aus früheren Zeiten stammen. Und man hatte früher zum Kochen nicht ewig Zeit. Wenige und preiswerte Zutaten, kurze Zubereitung, das war schon alles. „Unser täglich Brot“ war früher rohe Vollkornmehlpampe, keine gebackene, knusprige Weizenschrippe. Jeden Tag Feuer zum Brotbacken war einfach zu teuer für unsere Vorfahren und zu aufwändig.

„Originalrezepte“ entstammen oftmals der einfachen, traditionellen, bäuerlichen, häuslichen (und oft sehr armen) Küche. Das bedeutet, dass teure Zutaten schon deswegen nicht „original“ sein können, weil sie einfach zu teuer waren. Und es bedeutet auch, dass jede Familie ihr eigenes Rezept hatte und noch hat, „á la Muttern“ eben. Genau diese Rezepte entstanden auch häufig als „Resteessen“, also aus allem, was vom Vortag noch da war. Kennst Du das nicht aus der Kantine in der Firma oder aus der Mensa? Mittwoch gibt es gegrilltes Hähnchen, Donnerstag dann Hühnerfrikassee und Hühnersalat. Ach? Na, dämmert´s? Und wir haben es oben an der Liste mit Beispielen gesehen, dass viele solcher „Tradionellen Gerichte“ Lebensmittelrecycling sind, also aus der Resteverwertung bestehen. Das meine ich nicht abwertend, nur: Reste bedeutet, dass es kein eindeutiges Rezept geben kann. Reste plant man nicht. Ok, wir als Kinder wollten das schon. Wir wollten immer den Nudelauflauf, der aus Resten gemacht war. Wenn wir Kinder das sehr laut forderten, musste Mutter dann eben die „Reste“ frisch zubereiten. Dann waren wir Blagen zufrieden und moserten eine Weile nicht mehr herum.

Aber auch unsere Vorfahren haben ein oder zweimal im Jahr gefeiert. Und die Rezepte für diese Feiern sind naturgemäß aufwändiger, bei einigen dauert die Zubereitung sogar mehrere Tage. Aber das sind Feiertagsrezepte. Die nachzukochen, ist für uns schier unmöglich. Weil uns die frischen (!) Zutaten fehlen oder die Geräte oder die vielen Leute, die dazu notwendig sind oder einfach das Klima, das dazu nötig ist. Aber man kann dann eine „kleine Version“ davon ausprobieren. Dabei kann dann auch etwas Schmackhaftes herauskommen.

Das bedeutet: Schau Dir zu Anfang eines oder mehrere der „Originalrezepte“ eines Gerichts erst mal an, einfach, um die „Seele“ des Essens, das Grundprinzip kennenzulernen. Aber halte Dich später nicht sklavisch daran. Mach das später so, wie Du es möchtest, wie es Dir schmeckt. Vorlagen findest Du manchmal in Dokumentationen über Kulturregionen, wo die Kamera solche Feste begleitet hat, sei es in Hawaii, in Indonesien, in Norwegen oder auf Kreta. Eine gute Quelle für neue Ideen, die Du dann variieren kannst.

So, wie ich es mit dem „Nusskuchen“ gemacht habe: Ich war mit einem Freund zu Besuch bei seinen Eltern in der Oberpfalz. Dort gab es einen Nusskuchen zum Nachmittagskaffee. Der Kuchen war toll! Ich erbat mir das Rezept, was mir auch gleich aufgeschrieben wurde. Zuhause angekommen, habe ich ihn dann gleich ausprobiert. Ja, das gelang mir gut! Ein paar Wochen später rührte ich den Teig wieder an und… bemerkte, dass ich keine Nüsse mehr hatte! Hmpf! Irgendwas musste ich rein tun, sonst wäre der Kuchen zu langweilig geworden. Auf dem Küchentisch stand noch Kakaopulver. Ok, rein damit! Das wurde dann ein hübscher Kakaokuchen! Schmeckte auch gut! Nun stand im Rezept unter anderem „eine Tasse Wasser und Rumaroma“. Als ich den Kuchen wieder mal anrührte, wurde ich übermütig und dachte mir: „Das Rumaroma schmeckt man ja kaum“. Kannst Du Dir denken, was ich nun angestellt habe? Richtig! Ich drehte diesen Teil des Rezepts einfach um, und es wurde „eine Tasse Rum und ein bisschen Wasser als Aroma“ daraus. Wow! Der Kuchen war gut! Echt gut! Mein Rumkuchen war geboren. Das wurde der Renner auf Partys. Naja, ähnliches passierte mir später nochmal, als ich keinen Rum mehr hatte, aber noch einen kleinen Rest Whisky. Das schmeckte dann noch besser als mit Rum, und diesen Kuchen servierte ich nun immer als Whiskykuchen. Der Weg vom simplen Nusskuchen bis zu meinem Whiskykuchen war lang… und erfolgreich! Alkohol habe ich dann aber später aus der Küche verbannt. Der Geschmack übertönt schnell andere Nuancen, und ein guter Tropfen soll in einem Glas gewürdigt werden und nicht mit anderen Zutaten in einem Topf verrührt werden. Schlechte Tropfen gehören nicht ins Haus.

Merke Dir den Grundsatz erfolgreicher Köche:

„Man kann alles zusammenkippen, was essbar ist. Und wenn man dann noch einen pfiffigen Namen dafür erfindet, ein wichtiges Gesicht dazu aufsetzt, mit einem Messer wirbelt und hektisch Töpfe und Pfannen hin und her schiebt, dann wird man berühmt und verdient reichlich Kohle.“

Ok, die „Experten“ beschreiben das in der Öffentlichkeit anders, also ungefähr so:

„Erfolgreiches Kochen erfordert Kreativität und den Mut zu neuen Geschmackskombinationen.“

Na, sowas schon irgendwo gelesen? Na also!

Natürlich reicht einfaches Zusammenkippen nicht ganz. Die Verhältnisse müssen schon halbwegs stimmen. Du ertränkst Deine Pommes Frites ja auch nicht unter zwei Litern Ketchup. Aber das kann man ja durch Probieren herausfinden.

Finde Dein eigenes „Originalrezept“ und erzähle dann, dass Du das beim letzten Urlaubstrip im einsamsten Dorf an der Route während einer Autopanne bei der Familie des Werkstattbesitzers gegessen hast, während Ihr auf die Ersatzteile gewartet habt. Oder so ähnlich. Die Leute in unserem Land glauben und essen einfach alles. Man muss es nur entsprechend verkaufen und selbstbewusst servieren. Woanders ist das schwieriger.

Aber streite Dich um Himmels willen nicht mit Menschen, die an „Originalrezepte“ glauben! Das sind Fanatiker! Sie werden „ihr“ Rezept bis aufs Blut verteidigen und tausend Quellen und zehntausend Einheimische nennen können, die das „Originalrezept“ immer schon so kochen und genau so erklärt haben und dass man das so schon seit 1358 so kocht. Nicke dann einfach und iss.

Chilipfanne auf dem Bueffet Gib stattdessen Deinem Essen einfach einen neuen Namen, den Deine Gegenüber nicht kennen. Zum Beispiel „Spaghetti Luiginosa“ oder „Steak d´Lino“ oder „Salad cannesoise“ oder „Schnitzel nach Elbmarschen Art“ oder „Hähnchen nach Trischener Art“. Übrigens ist auch der «berühmte» Caesar Salad einfach nur eine Notlösung gewesen (so sagt man), als der «Erfinder» wegen Überfüllung keine Zutaten mehr im Hause hatte und daher auf alle Reste und Konserven zurückgriff, die er noch im Keller hatte. Das alles zusammen gemixt ergab dann diesen heute „edlen und teuren“ Salat. Da auch das ein Resteessen war, kann man auch heute noch ohne schlechtes Gewissen in diesem Salat alles zusammenkippen, was gerade da ist, und dann erzählen, dass das das Originalrezept ist, dass man in Tijuana ins Ohr geflüstert bekam: „Das ist nicht das Zeugs, das wir Touristen vorsetzen, Señor, das ist das alte Familienrezept meines Urgroßvaters!“

Benutze «Originalrezepte» als erste Annäherung an das, was Du dann später daraus machst. Es ist dabei egal, welches der vielen „Originalrezepte“ Du benutzt. Versuche gerne zwei oder drei, die Du gefunden hast oder die sich für Dich so lesen, als sei das Essen lecker.

Es gibt allerdings Originalrezepte, die es nie in eine Kochsendung schaffen, genau weil sie in armen, einfachen Haushalten gegessen wurden. Und aus Zutaten bestehen, die wenig Geld kosten, zumindest nahrhaft sind und mit entsprechenden Gewürzen durchaus schmackhaft sein können. Die aber wenig spektakulär sind und mit denen man auch keine Show abziehen kann.

So etwas wurde mir während eines Ungarnaufenthaltes serviert. Ich war zu Gast in einer sehr liebenswerten ungarischen Familie. Sie wohnten in einem kleinen Häuschen in einem sehr kleinen Dorf, alles sehr unscheinbar. Eine Einladung zum Essen oder Trinken schlägt man auch in Ungarn nicht aus. So nahm ich also an und saß mit am Familientisch. Nun muss man dazu sagen, dass – wie in vielen Regionen der Welt – Touristen oder auswärtige Gäste dort gerne ein wenig geneckt werden. Denn man nimmt an (oft zu Recht), dass diese mit einer Handvoll Vorurteilen oder Klischees ausgerüstet ins Land stürmen und daher in der Regel falsche Erwartungen hegen. Touristengastronomie lebt von diesen Vorurteilen – und das nicht schlecht.

Ich bemerkte also auch auf den Gesichtern meiner Gastgeber eine leicht amüsierte Spannung, die sich – so vermutete ich – auf das gleich servierte Essen bezog. Es wurde eine große Schüssel auf den Tisch gestellt. Auf den ersten Blick assoziierte ich: „Klar! Ungarn! Gulasch!“ Klischee erfüllt. Aber natürlich ist Gulasch (wie auch Paprika) so „ungarisch“ wie ein Fachwerkhaus „deutsch“ ist (das gibt es überall in der Welt und in Deutschland nur in einigen Regionen). Im nächsten Augenblick, als ich dieses „Gulasch“ genauer betrachtete, kicherte nun ich innerlich los, denn ich erkannte, was da als „Gulasch“ serviert wurde. Da ich in der tiefsten württembergischen Provinz aufgewachsen war, war mir das, was da in der roten Sauce herumschwamm, nur allzu gut bekannt. Ich mochte es als Kind schon nicht, und wir mussten es zu Hause daher auch nur selten bis gar nicht essen, weil ich sonst immer meckerte. Zum Glück!

Die Gastgeber warteten, bis ich die ersten Löffel auf der Zunge hatte und dann Richtung Magen beförderte, und dann fragten sie mich in gebrochenem Deutsch (denn in Ungarn sprechen viele Menschen Deutsch, und ich – wie die meisten Deutschen – kein Ungarisch), ob ich wisse, was ich äße. Ich schmunzelte und antwortete: „Ja, kenne ich. Es heißt bei uns ‚Kutteln‘, Kuhmagen. Schmeckt toll!“. Ich aß also ein „Kuttelgulasch“. Eine kurze Enttäuschung über den misslungenen Spaß huschte über die Gesichter, aber letztendlich fanden sie es doch sehr sympathisch, dass ich ihr Essen nicht nur nicht eklig fand, sondern sogar kannte und aufaß. Sympathie ist oft magengesteuert. Ich habe dann drei Teller davon verköstigt! Es schmeckte sehr ordentlich und ich war satt. Zur Belohnung gab es nach dem Essen selbstgebrannten Obstler. Oh, war der gut! Ein Glück, dass ich nicht fahren musste! Und, nein, ich wurde nicht blind!

Es schadet also nicht, wenn man über „Originalrezepte“ ein wenig intimere Kenntnisse hat als das, was in der Regenbogenpresse und in Supermarktpostillen steht oder im Vormittagsfernsehprogramm zusammengeschüttet wird. Übrigens, diese „TV-Küchen“ nerven mich extrem. Dort herrscht eine Hektik, und die oberwichtigen Gesichter tun so, als würden für Kleopatra die Perlen in Essig serviert. Heraus kommt dann aber nur das Zeugs, was man im Bahnhofsimbiss bequemer kriegen kann.

Authentisches Essen, nicht zu verwechseln mit „Originalrezept“, ist tatsächlich etwas, was Du auf Deinen Fahrten und Reisen suchen solltest. Authentisch heißt, Du isst nicht das Zeugs, das Dir im nächstbesten Touristennepplokal vorgesetzt wird. Du versuchst, eine Essgelegenheit zu finden, die von den dort lebenden Menschen tagtäglich zum Essen aufgesucht wird. Das kann ein Imbissstand sein oder ein Straßenlokal oder ein Wirtshaus in einer Gasse weiter hinten.

So einen Vergleich konnte ich einmal erleben, als ich auf Corsica war. Zuerst waren wir in einem Touristennepp. Unser Reiseleiter war arrogant und laut („Spaghetti, aber zackzack!“). Da gab es dann nicht viel zur Auswahl und es war teuer und nicht sehr appetitlich und wir warteten sehr lange auf den Service (ich war froh, dort lebend wieder rauszukommen…). Dann gingen wir nochmal mit jemandem, der sich auskannte und in unserer kleinen Gruppe mitgefahren war, weiter oben in das Dorf, in dem wir waren, hielten alle ganz gepflegt unsere Klappe, ließen ihn korsisch reden und … bekamen die beste Schlachtplatte mit korsischem Schwein, die ich je gegessen habe. Und es stimmt: Das korsische Schwein schmeckt nach Wild, wohl weil es beim freien Grasen im Freien auch Kräuter frisst.

„Authentisch“ heißt, dass man für sich selbst kocht und Fremden, die Gäste sind, auch einen Teller davon serviert. „Originalrezept“ heißt das, was man Touristen vorsetzt, weil sie es genau so erwarten. Ein griechischer Kollege hat es mal auf den Punkt gebracht, als er mit mir, neugierig, wie er so war, in ein niederbayerisches „Griechisches Restaurant“ ging, um herauszufinden, wie griechisch das denn so wäre. Er nahm die Speisekarte in die Hand und las dort die Liste der Speisen, die „Typisch Griechische Gerichte“ genannt wurden. Er legte die Karte weg, grinste mich an und meinte: „Sowas essen wir zu Hause nicht.“ Er war dann auch nicht sehr begeistert über das, was er dann serviert bekam.

Es ist übrigens erstaunlich, wer so alles Restaurants mit „typisch <setze hier ein Land ein> Küche“ betreibt. Ich kannte ein griechisches Restaurant, das ein Türke betrieb, ein japanisches Restaurant, das eine Familie aus Singapur betrieb, einen türkischen Döner Kebab Imbiss, den ein Syrer betrieb und ein kroatisches Paar, das ein typisch deutsches Lokal betrieb. Üblicherweise werden auch Pizzarestaurants nicht immer von italienischen Familien betrieben. Ja und? Schmeckt dort trotzdem alles recht ordentlich, oder?

    1. Wasser und Wein

Fehlt noch das Trinken. Ehrlich, wer von uns Normalos kann denn wirklich einen guten Tafelwein von der Supermarkthausplörre oder einem echt edlen Tropfen unterscheiden? Selbst so manch selbsternannter „Weinkenner“ hat schon mal einen preiswerten Wein aus dem Supermarktregal an der Kasse für eine französische Edelmarke gehalten. Beim Wein ist vieles Show und noch viel mehr Suggestion.

Ich selbst bin nun seit langer Zeit Purist. Dieser Schnickschnack mit einer ganzen Gläsersammlung auf dem Tisch und hochnäsigem Personal geht mir sehr auf den Geist. Zum Essen gehört für mich ein gutes stilles Wasser, am besten Quellwasser. Daher lasse ich in solchen Restaurants erstmal alle Gläser wegräumen, zur großen Enttäuschung des Personals. Dann habe ich Platz zum Essen.

Ich hatte mal das extreme Glück, öfter in einem Haus in den Bergen zu Gast zu sein, das über einen eigenen Trinkwasserbrunnen im Garten verfügt. Besser geht es gar nicht! Reines und frisches Quellwasser aus den Bergen, direkt vom Brunnen, zum Essen! Das ist echter Luxus! Wein stört für mich das Geschmackserlebnis des Essens. Nach dem Essen dann schon mal einen Wein oder etwas anderes – für mich – Passendes. Und wenn es doch während des Essens unbedingt sein muss: Anstatt sklavisch den Konventionen zu folgen: Man kann auch zu Fisch mal einen frischen Rosé oder Rotwein trinken oder einen leichten Weißen oder Rosé zum Braten – wenn man unbedingt den guten Essensgeschmack gleich wieder mit Alkohol töten muss. Alkohol und Fett sind beide Geschmacksträger, schließen sich aber gegenseitig aus, da Alkohol Fett löst. Aber, wie gesagt, das ist meine persönliche Auffassung. Apropos Rosé: Ich bin kein Weinfan, und ich trinke auch nicht oft davon. In einem Restaurant in einer nicht sehr frequentierten Gegend in der Provinz fragte ich aber ausnahmsweise dann doch mal nach der Weinauswahl. Antwort der Servicekraft im Brustton der Überzeugung: „Wir haben Roten und Weißen!“ Auf der Karte stand tatsächlich nur „Rotwein“ und „Weißwein“. „Und Rosé?“, fragte ich, nun neugierig, was passiert. „Können wir mixen.“, kam die stolze Antwort. Ok, ich war sprachlos, mein Gekichere hob ich mir auf, bis die Servicekraft verschwunden war. Was für ein Glück, das ich nicht einer dieser verkniffenen und humorlosen Weinfanatiker bin. So einer wäre wahrscheinlich nun restlos ausgerastet. Ich blieb dann beim stillen Wasser, Hausmarke.

Pass bei Mineralwasser aus der Flasche aber ein wenig auf. Zu den Mineralien, die dort enthalten sind, gehört unter anderem auch Uran. Du hast richtig gelesen! Da ist nicht so schlimm, wenn es nur in Spuren vorkommt. Aber Tests (findest Du im Internet) haben gezeigt, dass einige Mineralwassersorten, auch „Edelmarken“, schon mal eine recht hohe Konzentration vorweisen. Also ein wenig Augen auf, auch bei Wasser!

Dekadenz kann man auch anders zeigen. Als ich in meiner Jugend mal auf einer Nordseeinsel als Segellehrer gearbeitet hatte, haben wir Surf- und Segellehrer uns mal den Spaß gemacht, kleine, frische Hummer und eine Flasche Chablis am Kiosk zu kaufen. Die Kioske verkaufen das dort tatsächlich am Strand! Noble Insel eben. Das Ganze trugen wir zur Surferhütte am anderen Strand zurück, nahmen uns jeder einen Hammer aus der Werkzeugkiste, setzten uns in den Sand und begannen unser Mahl, in dem wir die Hummer mit den Hämmern malträtierten und den Chablis dazu aus der Flasche tranken. Wir fanden, dass wir wesentlich dekadenter waren als die billigen Proleten, die mit ihren Luxusschlitten, die dort sowieso überall rumstanden, vor den Cafés vorfuhren.

Und schließlich, wenn man zum Date zusammensitzt, hat der Wein doch eine ganz andere Aufgabe als den Geschmack des Essens zu beeinflussen, oder? Im kleinen Kreis dagegen dient er meistens dazu, herumprahlen zu können. Die Flasche mit dem Etikett entscheidet meistens über das Urteil, nicht der Wein in der Flasche. Probier´s aus: Schütte vor dem Servieren billigen Wein in eine leere Flasche mit edlem Etikett. Wer das dann erkennen kann und die Klappe nicht so laut aufmacht, hat zumindest ein bisschen Ahnung und kann gerne wieder eingeladen werden. Alle anderen lassen sich vom Etikett bluffen. Die bleiben das nächste Mal draußen.

Ich habe in meinem Leben nur sehr, sehr wenige Menschen kennengelernt, die wirklich etwas vom Wein verstehen. Und die haben nicht ständig damit geprahlt.


Das Kochen beginnt

Im Folgenden wollen wir mit wenig Aufwand und den üblicherweise zur Verfügung stehenden Mitteln und Lebensmitteln schon ein bisschen überdurchschnittliches Essen zubereiten. So, dass es erst mal nur uns schmeckt. Das ist das Wichtigste! Und dann gerne auch Freunden. Essenskritiker schmeißen wir raus. Essen ist – neben der Notwendigkeit – eine Freude, vor allem wenn man gemeinsam isst. Das Gemeinsame ist dann der Hauptaspekt. Dann isst man manchmal auch schon das, was man sonst vielleicht nicht in Mund nehmen würde. Das gemeinsame Essen ist immer der wichtige Aspekt, das Rezept ist zweitrangig.

Ähnliches gilt fürs Kochen. Die Partys, die ich in meiner Jugendzeit gegeben habe, waren deswegen so beliebt, weil die Gäste sich ihre Pizza selbst zusammenstellen und backen mussten. So saß man nicht gelangweilt im Wohnzimmer und ödete sich an, sondern hatte richtig viel Spaß in der Küche, wo man sich über die richtigen Methoden stritt, Zwiebeln oder Tomaten zu schneiden oder wie man Teig ausrollt. Und meine Küche verwüstete. Und die paar Leute, die trotzdem meinten, sich im Wohnzimmer gehemmt anschweigen und die Zeit totschlagen zu müssen, kriegten dann eben nur die Reste ab. Die ausgelassenste Stimmung war immer in der Küche! Fazit: Küchenfeten sind die besten! Kochen wir also gemeinsam!

Etwas anderes sind Feiertagsrezepte. Die werden nämlich nur selten im Jahr zubereitet, und daher nimmt man sich auch viel mehr Zeit und gibt sich mehr Mühe.

Ein Beispiel für die höhere Schule sind Torten. Während Kuchen oft schon recht einfach gelingen, kann es bei Torten handwerklich schon mal anspruchsvoller werden. Zu Kuchen aber später ein bisschen mehr. Torten sprechen wir hier nicht an, einfach, weil ich Torten nicht mag. Die sind nur Luft und Fett. Schau dafür ins Internet oder geh in eine Konditorlehre.

Eine andere Klasse von Rezepten ist ebenfalls kompliziert und schwierig, das sind die Desserts. Für die gibt es dann Sterne oder Kochmützen in wichtigen Büchern. Aber die überlassen wir den fortgeschrittenen Amateuren und den Profis. Dafür sind die da, die machen den ganzen Tag auch nichts anderes. Um es mit einem anderen Vergleich auszudrücken: Wir machen gute Hausmusik, die Profis sind Musikvirtuosen. Ja, und den Unterschied hören und schmecken dann eh nur andere Profis. In der Musik und beim Essen.



(Fortsetzung folgt)