Die Erforschung neuer Gebiete ist nun auf zweierlei Arten möglich, die in der Regel auch beide gleichzeitig von verschiedenen Gruppen betrieben wird. Die eine Möglichkeit ist, sich eine Karte zu zeichnen und die Möglichkeiten abzuschätzen, welche Wege man gehen könnte. Oftmals erschöpft sich diese Methode dann darin, ausschließlich auf so einer Karte zu reisen.
Die andere Methode besteht darin, sich einfach auf den Weg zu machen und Erfahrungen, schlechte wie gute, zu machen und daraus Konsequenzen zu ziehen. Der Umgang mit dem Thema "Internet" zeigt dies zur Zeit überdeutlich. Diejenigen, die Karten zeichnen und die daraus resultierenden Möglichkeiten überlegen, kommen häufig aus dem (Aus)bildungsbereich und aus der Politik. Die anderen experimentieren mit dem Medium, teilweise in unterhaltsamer, teilweise aber auch in ärgerlicher oder unerträglicher Art und Weise.
Die Qualität einer Gesellschaft besteht nun darin, wie sie (a) mit den Ergebnissen beider Forschergruppen umgeht und (b) wie sie deren Auswirkungen besteht. Eine Grundvoraussetzung dafür, daß eine Gesellschaft nicht durch die Einführung neuer Techniken in was auch immer zu sehr in Unruhe gerät, ist ein ausreichender Ausbildungsgrad der Bürger, der verhindert, daß sich Einzelne alleine von Eingebungen leiten lassen und überlegtes Vorgehen in einem gewissen Mindestmaße möglich wird.
Interessant wird das nun deswegen, weil - im Gegensatz zu anderen Phänomenen - der Gegenstand der Diskussion die Kommunikation selbst wird. In anderen Worten: Man hat sich darüber zu unterhalten, worüber und auf welche Weise man sich zu unterhalten hat (die Vielschichtigkeit dieser Aussage ist durchaus beabsichtigt).
Weder Philosophie noch Wissenschaft sind dabei frei von Modeerscheinungen, und deswegen findet man immer häufiger das Wort "Kompetenz" in jedem beliebigen Zusammenhang. Dabei ist nicht immer klar (oft nicht einmal denjenigen, die das Wort benutzen), was überhaupt gemeint ist. Inzwischen schießen Kompetenzzentren aus dem Boden, für jeden beliebigen Zweck, die Kompetenzen der Menschen selbst werden genauestens unter die Lupe genommen, so zum Beispiel die "Emotionale Kompetenz" (durch das Buch von Daniel Goleman), die "Soziale Kompetenz" und, nicht zuletzt, die "Medienkompetenz".
Wir - das Bürgernetz für Schleswig-Holstein e.V. - machten uns auf die Suche nach einem Begriffsinhalt für den Begriff "Medienkompetenz", natürlich auf angemessene Weise: nicht mehr in Bibliotheken, sondern, ganz bequem bei Kaffee und Kuchen, am heimischen Computerterminal und recherchierten los. Anscheinend waren wir medienmäßig nicht inkompetent, denn nach wenigen Sekunden hatten wir mehr als 500 Quellen gefunden, die sich mit dem Thema beschäftigten. Es dauerte allerdings ein paar Minuten länger, bis wir tatsächlich eine Quelle fanden, die nicht nur den Begriff benutzte, sondern auch erklärte [1]:
Information solle strukturiert, bewertet und verfügbar gemacht werden können und Suchstrategien sollen beherrscht werden, kurz:
Eine der wichtigeren Forderungen ist die politische Wirksamkeit des Internet als modernem Vertreter von Kommunikationsmedien. Viel wird erwartet von der Demokratisierung der Gesellschaft durch das Internet. Wenige realisieren, daß so etwas weniger durch die Einführung einer neuen Technik passieren kann. Zwar kann eine neue Technik durchaus einen politischen Vorgang erleichtern, sie ist aber nur eine notwendige, keine hinreichende Bedingung.
Unzählige Stellen beschäftigen sich inzwischen mit Medienkompetenz, die Intentionen sind dabei so verschieden wie die Autoren. So haben Politiker das Thema für sich gefunden, wie zum Beispiel Siegmar Mosdorf (SPD) in der 170. Sitzung des Bundestages vom 18.4.1997 [3], der Bundesminister Jürgen Rüttgers in einer Rede, Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl [5] oder Ministerpräsident Johannes Rau in einer Ansprache zur Eröffnungsveranstaltung der Landesinitiative MEDIA NRW [6]. Auch viele Organisationen und Firmen möchten daran partizipieren, indem sie Kurse oder Bücher zum Thema anbieten (diese Quellen hat der Leser als Übung selbst zu recherchieren), daneben gibt es aber auch Universitäten, die entweder dazu forschen [7] oder lehren [8].
Bemerkenswert ist die Tatsache, daß es darüber hinaus Bemühungen aus dem Medienbereich selbst gibt, die Medienkompetenz der Verbraucher zu unterstützen. Das klingt manchmal so, als ob ein Supermarkt Kurse im Markenerkennen anböte [9].
Der Anwender selbst steht heute nicht nur vor der neuen Technik, einer Flut neuer Nachrichtenquellen und zahlreichen unterschiedlichen Meinungen, sondern vor dem Problem, neue Selektionsmethoden zu entwickeln, was ihm traditionelle Medien bisher in hohem Maße abgenommen haben (statt "redaktionell gesichtet" könnte man auch "vorgekaut" dazu sagen).
Nun muß der Anwender selbst kauen. Vor allem das World Wide Web, eines der verbreitetsten Netze, die über das Internet verteilt werden, zeigt offenkundig, daß man, wenn man entsprechende Suchmethoden nicht beherrscht, von Nachrichten überflutet werden kann, ohne daß die Chance besteht, die daraus gewünschte Information zu extrahieren. Das kann einem Anwender, zumindest in diesem Stadium eines Experiments, noch nicht zugemutet werden. Es müssen Strukturen geschaffen werden, mit dessen Hilfe der Bürger, der eben nicht täglich mit Computern und Nachrichtennetzen umgeht, die Chance erhält, die für ihn interessanten Nachrichten zu filtern und für sich zu Information zu destillieren. Dies leisten Bürgernetze. Sie legen ihren Schwerpunkt weniger auf technische Ausrüstung oder das Bedienen von Computern, sondern sie führen Interessierte behutsam auf den Wissensstand, der nötig ist, um sich in dem modernen Nachrichtendschungel nicht verloren vorzukommen.
Bürgernetz für Schleswig-Holstein e.V., Kiel
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