4.3 Polyalphabetische Chiffren, Vigenére

Wenn man nicht nur ein Chiffrieralphabet einsetzt, sondern bei jedem Zeichen ein anderes auswählt, dann erhält man polyalphabetische Chiffren.

Obwohl diese Methode zu verschiedenen Zeiten von verschiednen Menschen erfunden wurde, ist sie heute unter der Bezeichnung "Vigenére-Chiffre" bekannt. Vigenére war ein französischer Diplomat aus dem 16. Jahrhundert (1523-1596), der das Verfahren in seinem 1585 geschriebenen Buch Traicté de Chiffres beschrieb. Allerdings wurde die polyalphabetische Methode schon einige Jahre früher von Johannes (1492-1516) beschrieben, der sich später Trithemius nannte [0].

Grundprinzip dazu ist das Vigenére-Quadrat (s. Abb. 4.2).

Die Anwendung ist recht simpel; wir demonstrieren das an einem Beispiel, dem Titel eines Gedichts aus Goethes "Faust":

Wir benutzen das Schlüsselwort "FAUST". Wird der Klartext nun verschlüsselt, entscheidet das über einem Klartextzeichen stehende Schlüsselwortzeichen darüber, welches Alphabet benutzt wird. Dann wird dort der Buchstabe gesucht, der in der Spalte des Klartextzeichens steht.

Im Beispiel steht in der ersten Zeile jeweils das wiederholte Schlüsselwort, darunter der Klartext und schließlich der Geheimtext:

Schlüssel         FAUSTFAUSTFAUST
Klartext          Hexeneinmaleins
Geheimtext        merwgjiheaqecfl

abcdefghijklmnopqrstuvwxyz
ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ
BCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZA
CDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZAB
DEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZABC
EFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZABCD
FGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZABCDE
GHIJKLMNOPQRSTUVWXYZABCDEF
HIJKLMNOPQRSTUVWXYZABCDEFG
IJKLMNOPQRSTUVWXYZABCDEFGH
JKLMNOPQRSTUVWXYZABCDEFGHI
KLMNOPQRSTUVWXYZABCDEFGHIJ
LMNOPQRSTUVWXYZABCDEFGHIJK
MNOPQRSTUVWXYZABCDEFGHIJKL
NOPQRSTUVWXYZABCDEFGHIJKLM
OPQRSTUVWXYZABCDEFGHIJKLMN
PQRSTUVWXYZABCDEFGHIJKLMNO
QRSTUVWXYZABCDEFGHIJKLMNOP
RSTUVWXYZABCDEFGHIJKLMNOPQ
STUVWXYZABCDEFGHIJKLMNOPQR
TUVWXYZABCDEFGHIJKLMNOPQRS
UVWXYZABCDEFGHIJKLMNOPQRST
VWXYZABCDEFGHIJKLMNOPQRSTU
WXYZABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUV
XYZABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVW
YZABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWX
ZABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXY

Abb. 4.2: Das Vigenére-Quadrat.

Die Analyse eines solchen Geheimtext ist schon erheblich schwieriger als das, was wir bisher betrachtet haben. Die Verteilung ist wesentlich gleichmäßiger als bisher.

Im Kapitel über Kryptanalyse werden wir aber dennoch einige Hinweise kennenlernen, wie man auch diese Chiffre angreifen kann.

Manchmal findet man auch die Bezeichnung Vigenére für Verfahren, die eine wiederholte Anwendung eines Schlüsselwortes und eine damit verbundene XOR-Verknüpfung verwenden.

Ein Beispiel für eine XOR-Verknüpfung:

   Klartext       01000001
   Schlüssel      10101010
                  --------
   Geheimtext     11101011
   Schlüssel      10101010
                  --------
   Klartext       01000001

Bei einer XOR-Verknüpfung entsteht also jedesmal eine 1, wenn beide beteiligten Bits ungleich sind, eine 0 resultiert als Ergebnis bei zwei gleichen Bits.